...> Texte & Gespräche
ROY DAVIS JR. I' ve seen the future. "Oh, Country-Music. Ich mag sie wirklich nicht. Diese Szene ist auch noch richtig groß in Chicago. Ich stand mit einem Freund in einem Club und wir scherzten, daß wir zu einem Country-Song Housebeats dazupacken. Und dann lande ich hier in Deutschland und höre diese "Rednecks" - o my goodness, somebody actually did it." I've seen the future. Zumindest one part of the phuture: Roy Davis jr., der als Radikal Fear DJ die Clubs tourt. Davis hat die klassische Chicago-House Biografie: drei Geschwister, mittelständisches Elternhaus, Klavierunterricht. 1983/84 begann er mit dem DeeJaying. Er hörte Farley Jackmaster Funk's Radiosendungen und wollte dann selbst Housetracks produzieren. Ein Umzug in die suburbs von Chicago sollte dazu die nötigen Kontakte bringen. "Wir zogen raus nach University Park, und eines Tages kam ein Typ zu uns, um meine Schwester zu besuchen. Ich dachte, den kenne ich irgendwoher." Der Typ war DJ Pierre - damals ein local hero, der auf allen Parties Platten auflegte. "Er lud mich ein, ihn mal zu besuchen. Das tat ich, und er deejayte in einer Garage, Spanky war dabei und er hatte eine drummachine und programmierte beats. Das puschte mich so, selber tracks zu machen, aber ich hatte ja kein Equipment. Pierre ließ mich dann seine Geräte benutzen." Davis deejayte dann neben Lil Louis und Frankie Knuckles im Club des Bismark-Hotels, dort lernte er Armando kennen, und der machte ihn bekannt mit Marshall Jefferson. Name-dropping, galore... In der Zwischenzeit bekam DJ Pierre einen Platten-Vertrag bei für sein Projekt PHUTURE und lud Davis ein, sie zu produzieren. "Ich machte damals einen track nach dem anderen und dann "Rise from the grave" zusammen mit Spanky und Pierre für Strictly Rhythm." Das war erst mal ein Hit. Auf der 12inch vielleicht der erste Wild Pitch Mix - eine von Pierre und Davis entwickelte Technik, bei der sie während des Abmischens (oder Deejayings) die Equalizer rauf und runter drehten, um ganze Frequenzbereiche ein und aus zu blenden - was im House vielleicht das machte, was Dub im Reggae tat (naja, so im Ansatz...). Bis heute produziert Davis für Strictly - u.a. PHOTON INC, ROY DAVIES PROJECT, THE ORIGINAL CREATORS oder für REEL TO REAL einen "I like to move it" - Remix. Daneben arbeitete er mit Projekten wie THE BELIEVERS, INSIGHT OUT oder MY MY MY. "Eines Tages stand Felix plötzlich vor meinem Haus. Er hatte einen Lil Louis Remix von mir gehört und kam an: "Heh, what's up!? You know me, I'm Felix!" Ich sagte ich hätte seinen Namen zwar gehört, aber kein Stück von ihm. Er hatte noch nichts veröffentlicht außer Phantasy Girl. Wir machten dann zusammen ein paar tracks für Nervous, RADICAL NOMADS und sowas."
Eine einzige große Familie...
"Ja, so war das. Viele Leute waren in der House Music Sache drin, auch viele Produzenten, die erst jetzt so nach und nach rauskommen."
Bochum - Köln - Berlin
Felix da Housecat gründete letzten Sommer Radikal Fear - als Sublabel von Play it again Sam, das sich bereits nach einer Handvoll Veröffentlichungen als gleichwertig neben Dance Mania, Relief oder Cajualetabliert hat. Das erste Package also unterwegs in Europa: Felix, Armando, Mike "God made me funky" Dunn und eben Roy Davis jr.
In Bochum hast Du einen völlig anderen Set gespielt als heute in Köln. Im Planet wechseltest Du vocal-tracks mit eher klassischem Chicago-Acid ab. Hier jetzt war es doch einiges härter.
"Ich versuche verschiedene Sachen, experimentiere ein bißchen..."
Also nicht, daß Du eine Vorstellung vom Kölner Publikum hattest.
"Nein, nein. Aber es stellte sich als ziemlich nett heraus, das auf ganz unterschiedliche flavors reagierte, und da dachte ich: heh, wie wärs mit ein paar tracks. Ich mag tracks, die was härter sind. Also in Chicago spiele ich Vocals, dann tracks, dann vielleicht ein bißchen was New-Yorkey-Kiddy-Go-Go-Style-Harder-Hitten-Teutonic-Beats. Das in Bochum war Marshall Jefferson Style. Er lehrte mich vieles, auch über das Business. He showed me the road, helped me through ups and downs. Wie DJ Pierre, der lehrte mich: stay focussed - in Momenten, wo ich dachte, ich kann das nicht weiter machen, I felt the love for it, aber ich hatte kein Geld mehr. Zur Zeit läuft alles gut, ich liebe es, und es fehlt eigentlich nur noch ein Hit, who blows your mind."
Die Chancen dazu stehen nicht schlecht, denn die Nachfrage in Europa scheint nicht abzubrechen. Rosario, Jefferson, Cajmere, Pierre - zur Zeit überhaupt kein Problem jede Woche mal eben die eine oder andere Chicago-Legende hier in den Clubs zu hören. Beispiel Armando, der erst im Januar hier war, jetzt mit Radikal Fear und im Mai - von Strictly Rhythm präsentiert - schon wieder. Wer da jetzt inflationär! und Ausverkauf! schreit, irrt, denn das war vor Jahren: als die major companies House brutal zu vermarkten suchten, dann der Musik einen schlechten Namen gaben, worauf nach der folgenden Massenentwertung zahlreiche Künstler und Labels auf der Strecke blieben. Heute sind alle vorsichtiger geworden, und die Kartelle werden - soweit wie möglich - draussen gehalten. Mal abgesehen von einzelnen Chartbreakern wie jetzt Real 2 Reel, ist es ein underground thing mit vielen kleinen eigenen Labels, Vertrieben, Plattenläden, Clubs, Magazinen. Und wie nebenbei wird eine gute Platte nach der anderen veröffentlicht.
Dein neues Album...
"Das habe ich auch gemacht um die ganze Vielzahl von unterschiedlichen Stilen mal zusammen zu zeigen, also vocals, Saxofon, tracks...Also ich liebe ja Acid, aber eben auch das Saxofon. Ich komme aus einer sehr musikalischen Familie, und manchmal will ich der Welt einfach zeigen, daß ich auch "spielen" kann. You know, it's not all noise all the time, you got to be able to show some skills or House music won't go to the next level. Viele Leute, vorallem in New York, verstehen die underground tracks nicht. Weil sie nicht wissen, wie sie in einem Club klingen, richtig laut, und die fragen dann, "wie kannst du einen Song mit Saxofon machen und dann einen nur mit noises". Ich denke, Du kannst nicht nur einen Sound fahren, sonst bist Du ganz schnell draussen.
Zur Zeit arbeite ich auch noch mit L. Williams und Proffessor Traxx an einem Creators of Deepness Album. Wir haben die Single "Midnight Passion"auf Power Music draußen. Und ich bin die Welt am Touren, mache soviele DJ-Gigs wie ich kann: touch the dancefloor and hopefully my music can touch the people."
Das neue Phuture Album...
"Kommt auch auf Power Music raus, im Sommer. Spanky ist dabei, Proffessor Traxx. Pierre schreibt ein paar Stücke dafür und DJ Skull ist auch mit dabei."
Werdet ihr auch live spielen - nach diesem seltsamen Berlin Gig?
"Oh, Berlin, ja das war bad. Die stellten uns ein brandneues Mischpult hin und hatten dann keinen Powersuplier dafür. Tauschten das deshalb gegen ein grauenhaft altes Teil aus, Spanky stand da "This is Cocaine speakin'" seine Stimme kam nicht rüber, die Lautsprecher fielen aus. Skull und ich waren die einzigen, die mischen konnten, dann fielen die Monitore aus, Spanky sagte "wir können die Show nicht beenden" Ich mußte dann erklären, warum ich es nicht alleine machen könnte: "it's a group thang, one person can't take the blame". Aber ich garantiere, the next show will blow your mind... Das war auch das erste Mal daß wir sowas zusammen gemacht hatten. Ich mochte es, trotz des ärgers und aller Gerüchte. Next time, they will see, they will see."
Phuture's "Acid Tracks" erschien 1987. Der britische Journalist Stuart Cosgrove beschrieb, was er da aus Chicago hörte, als a 'deep', highly synthesised sound, which evoked strange, almost drug-induced images. Großen Anteil daran, daß "Acid Tracks" zu dem wurde, was es wurde, hatte Spanky's sonorer Sprechgesang:
Chicago - Detroit - New York
Wie lebst Du heute in Chicago...
"Die Stadt ist wirklich gewalttätig und gefährlich. Drugs and Violence. Befeindete Gangs, die sich gegenseitig abknallen - oder Dich, wenn Du dazwischen gerätst."
Bei bestimmten Detroit-tracks meint man ja so 'was zu hören. Aber selbst die härteren Chicago-tracks sind im Vergleich dazu weich.
"Naja, ich lebe in der Suburbia. Eigentlich leben alle Chicago-House Producer dort. Das heißt, Felix ist nach seiner Heirat in die City gezogen aber in ein okayes, friedliches Viertel.
Ansonsten kriegt Chicago zur Zeit noch eine Chance. Also die House-Szene. Cajmere macht viel mit seinen Labels, Proffessor Traxx und ich versuchten, Red Cat zu starten - wo Strictly uns dann plötzlich die versprochene Unterstützung versagte... Es kommen auch viele Leute aus England rüber. Und Jungle hypet hier. Ist nicht so mein Ding... Ich mag aber Detroit Music sehr gerne, Robert Hood, der sehr sehr perfect ist. He has a clean, a nice clean sound. Oder Kenny Larkin, dessen Platten laufen aber in Chicago nicht so gut. Oder Derrick May - he speaks for his self."
Und elektronische Tanzmusik außerhalb von New York, Chicago oder Detroit?
"Es gibt noch eine ganz gute San Francisco Szene, die so TripHop-Sachen machen. Aber die Seele unserer Musik, die kommt schon aus Chicago, New York, Detroit."
Das heißt, Du legst auch nur da auf.
"Ich spiele regelmäßig in Chicago im Red Dog und sonst auf vielen Rave-Parties."
Silicon Valley
Was hat es mit der sprichwörtlichen Chicagoer Abneigung gegen Computer auf sich, grooven Rechner nicht genug?
"Weißt Du, wenn ich mit Computern arbeite, bremst mich das total. Das Gerät einrichten, wenn Du eine Idee hast, mußt Du sie eintippen, das braucht Zeit. You cant just go with the flow. Ich benutze einen MPC 60, der bietet so viele Möglichkeiten. ich kann alles in diese eine Maschine packen und die mitnehmen. Viele Leute - also jetzt in Berlin - waren enttäuscht, weil sie dachten, wir würden ja gar nicht live spielen, weil sie das Teil noch nie gesehnen hatten. Jetzt haben ich eine neue: MPC 3000. Die ist .... wicked."
Und wenn Du produzierst, hast Du da immer schon ein Label im Kopf...
"Also zur Zeit arbeite ich eben mit dreien zusammen. Mein eigenes Creators of Deepness, was von Dukes Power Music gestützt wird, dann Power Music selbst und Radikal Fear, wo ich Felix helfe, daß das Ding läuft."
Daß ihr schon unterschiedliche Generationen seid...
"Gar kein Problem. Ich bewege mich ja auch in unterschiedlichen styles. Da kommt auch noch ein Album von mir: BIONIC MEN, das ist gleichzeitig crap wacky hard und smooth. Mehr ein laid back listening album. Aber Mixes aus dem Album werden richtig hart werden. Für den Club."
Du schließt demnach auch keine Verträge, die über Dich als Artist verfügen, Du verkaufst einzelne tracks.
"Heh, ja klar. Ich will meine Freiheit behalten."
Babylonia
"Is this for a radio-show?"
No, for a magazine.
"Ah, okay. Yeah, Jamiroquay, if you are listening out there, I wonna hook on you and do some funky stuff. I really like your kind of music."
...Oooops... Na, vielleicht liest er es ja.
BROTHERS, I KNOW YOU'RE STRUGGLING/
CAN'T GET A JOB/
NOWHERE 2 GO/
NOWHERE 2 HIDE/
DEALING WITH THIS RASCIST FIGHT/
BUT THE BIGGEST AND WORST FIGHT/
IS IN OUR COMMUNITIES/
OUR PEOPLE ARE CONFUSED/
SISTERS LIVING A LIE/
WITH THEIR FAKE BLONDE HAIR/
AND FAKE BLUE EYES/
BROTHERS LIVING A LIE SELLING DRUGS/
WHILE THEY WATCH BROTHERS DIE/
WAKE UP PEOPLE, WE MUST RISE/
RISE FROM YOUR GRAVES/
RISE FROM OUR GRAVES/
(Fotokamera: DJ Felix/Michaela Odinius; Auto: Rupert Huber; erschienen 05-1995, TERZ Düsseldorf) ... top.
"Also ich hab unheimlich Schleim im Hals..."
Aber Du kannst den Begriff doch auch selbst wählen oder als Abgrenzung zu Rock mit dem ganzen Rockisten-Scheiß oder ihn dissident gebrauchen, und Du gehst ja auch mit Pop-Elementen um...
Dorau: Ja aber Pop Pop Pop ist halt irgendwie - ich weiß nicht - der Begriff ist irgendwie so komisch belegt.
Das Umfeld, das mit deiner Musik verbunden ist, jetzt auch die Bühne mit den aufgebauten Supermodells das ist doch POP...
Dorau: Ja klar, aber man kann doch das eine tun und trotzdem sagen... Ich mag den Begriff irgendwie nicht, kann das auch nicht genau definieren... Vorallem kann ich auch nicht sagen was es denn sonst ist. Das wäre schön, kann ich aber leider nicht.
Und der Glam...
Dorau: Ach so glamourös sind wir doch nicht.
Doch doch...
Dorau: ...
Als Schlüsselbild diese 5 Frauen auf der Bühne, die ja total diesen Glam-Aspekt verkörpern. aus der Versage-Anzeige raus...
Dorau: Ja, die Versage-Anzeige. Die ist natürlich populär, was ich beim Einskannen nicht mitbekommen habe. Aber wir wollten einfach so Frauen da haben. Hatten zuerst Fotos gesucht, so mehrere verschiedene, um unterschiedliche Aspekte abzudecken, das sah aber nach nichts aus. Nur zusammengeschustert. Und trashig wollen wir nicht sein. Und die fünf paßten halt schön zusammen. Ne, das ist kein großes ideologisches Ding.
Dann Reden wir eben nicht von Pop. sondern von Mode. Die Kombination von Musik und Text ist ja schon total unsere Zeit - vielleicht ist es ja ein Zufall, war nicht so berechnet, Ich weiß ja nicht mit vieviel Distanz du dazu stehst.
Dorau: Also wir wollen schon, daß unsere Sachen geschmackvoll aussehen und klingen. Geben uns an Details Mühe, um die sich andere Leute überhaupt nicht kümmern. Aber, wie gesagt, Pop - wir sind ja unter Vertrag bei 'ner großen Plattenfirma. Und da ist Pop dann eben Andreas Dorau und die Jeremy Days. Und das irgendwie... Nööö, nööö das möcht ich nicht.
"Bringt das irgendwie was für'n Hals?"
Dorau: Ja schon, ich schreibe keine Texte über das, was ich gerade am Vormittag erlebt habe.
(Kutscher hakt nach:) Also alles so fiktiv mehr oder weniger...
Dorau: Meistens gehts mit nem Sample los, oder es sind so einzelne Teile, die möchte ich gerne in' nem Stück drin haben, um die 'rum baue ich dann 'nen Text. Also nicht, daß ich rangehe: ich wollte ein Stück über dasunddas schreiben oder dasunddas ausdrücken, sondern das ergibt sich dann so und wird dann auch immer wieder umgestellt.
(Reihse bleibt dran:) Aber das hat doch was von Was -Du-am-Vormittag-erlebt-hast- oder -gelesen: Ötzi, Liebelei, Ozonloch..
Dorau: Ozonloch - "Die Sonne scheint" hatte ich - und dann eben so drum 'rum gebaut, was da so passiert, die Geschichte kam dann von selber. Als Geschichte kann man leichter Text schreiben, aber ich bin nicht rangegangen, daß ich jetzt 'ne Geschichte schreiben will.
Ist Dir also nicht so wichtig.
Dorau: Fünfzig -Fünfzig. Nicht: in erster Linie Text dann Musik.
Wie Du singst, welche Worte Du wählst - da ist ja auch immer so ein Zurücknehmen, nicht in Verantwortung geraten wollen...
Dorau: Ne will ich auch nicht, so da mit dem Zeigefinger vorne weg. .
Dorau: Ich hab mich nicht als Frau verkleidet. Das ist 'ne Fotomontage auf dem Plattencover. - Ja, wie will man sich da als Mann präsentieren - ich hab' lange darüber nachgedacht und fand dann das sehr angenehm. Die Frau sah gut aus auf dem Foto, und da hab ich mein Gesicht reingesetzt.
Also nicht wie Karl-Heinz Rummenigge als kleiner Junge von den Eltern immer als Mädchen verkleidet worden, weil die eigentlich lieber eine Tochter wollten.
Dorau: Ne... Meine Eltern...also... Ich habe auch'ne größere Schwester. Ich fand das einfach schön.
Als Pop-Pose.
Dorau: Du meinst, wie sie dasitzt?
...sich da reinzusetzen.
Dorau: Das ist ja kein "sich verkleiden". Das Reinsetzen entspricht der Art, wie wir Musik machen: Samplen. Das fand ich dafür auch adäquat. Ne, Verkleiden find ich doof. Okay, wir hatten früher Bühnenkostüme, aber Verkleiden, in andere Rollen schlüpfen, Theaterspielen, das 'was vermitteln soll, das bin ich ja überhaupt nicht, das mag ich nicht. Das geht Richtung Kleinkunst, Cabaret, Stück-Illustrieren... Vielleicht solltet Ihr mich in einem Jahr nochmal nach Pop fragen.
Was hast Du denn für eine HörerInnenschaft, sprichst Du denn wenigstens die Jugend an?
Dorau: Welche Jugend? Wir sind kein Act für Raver, keiner für HipHop Hörer, für Rockhörer ja schon gar nicht. Also wenn schon, dann gibts 'ne Verbindung zu Leuten, die mit Dance zu tun haben. Aber unsere Platte ist ja keine Dance-Platte, da gibt es nur so geistige Verwandtschaften. Aber nicht, daß wir Teil einer Bewegung sind.
Mit den Remixen entsprichst du dann ja schon gewissen Erwartungshaltungen.
Dorau: Das ist ja auch okay. Wir würden auf die Maxis auch nie unsere eigenen Remixe tun. Das soll seperat sein, auch mit anderem Coverdesign. Als Nebenprodukt. Wenn wir mit meiner Stimme arbeiten, wollen wir nicht in die gefährliche Ecke geraten, die heißt: hohes Tempo oder Clubtauglichkeit. Aber wenn wir denen ein kleines Fitzelchen überlassen, ist das okay. Wir hatten auch überlegt auf die Platte keine Remixe getan. Also wir machen ja nebenbei Dancestücke, aber unter anderem Namen. Das versuchen wir schon strikt zu trennen.
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Dorau: Wißt ihr nichts mehr? ... Das tut mir ja leid, dass Ihr da... also mit Eurer Pop-Idee... . (erschienen 03-1995, TERZ Düsseldorf) ... top.
Wir blenden uns ein in Reihse's Konferenz-Compuküche zum Gespräch zwischen Julia Friedrich, Birger Hübel, Andreas Reihse, Lars Bayer und Svevo's Jörg Heiser über Riots, Kanäle, Osteuropa, Musik, Die Autonomen, Stilpolitik und... SVEVO.
JA, WOLLEN WA' MAL LOSLEGEN. LÄUFT JA SCHON DIE GANZE ZEIT. SPUL DOCH NOCH 'MAL ZURÜCK.
Jörg Heiser: ... Blockflöte mit 8 Jahren, Querflöte mit 11 Jahren, Klavier mit 12 Jahren. Mit 18 habe ich dann aufgehört Klavierunterricht zu nehmen. Wir vier, also SVEVO haben schon '86 mit Musik angefangen, drei von uns waren in einer Klasse, der Schlagzeuger mit dem Gitarristen schon im Sandkasten. Ich habe damals Keyboards und Drunmcomputer bedient, das ist mir zu blöd geworden und ich hab mir 'ne Gitarre gekauft. Das heißt auch ihr habt andere Musik gemacht. Das ist aber schon ein Problem, daß das ''die Band von Jörg Heiser'' ist, oder? Ich habe da Schwierigkeiten das bei den Stücken rauszuhören, wie da so die gegenseitigen Einflüsse sind. Du stellst Deine Texte zur Diskussion?
SCHÖNE PASSAGE FüR DIE TERZ JETZT.
Jörg Heiser: Ich bemühe mich gerade live meine Texte ziemlich akzentuiert zu bringen, wer sie verstehen will, kann es auch, und wer es nicht will, für den ist da immer noch die Musik und der Klang der Wörter. ''Petersburger Hängung'', da muß man nicht gleich wissen, was das ist, das kann man auch als Klang okay finden. Wenn ich mir überlege, warum habe ich diesen Song so genannt, dann nicht, weil das in der Kunstgeschichte die-und-die Bedeutung hat, sondern, das Bild, was ich im Kopf hatte, war eben eine Petersburger Hängung, und dann hatte ich dieses Wort dazu und das kam in einer Zeit als Leningrad in St. Petersburg umbenannt wurde und in L.A. die Riots waren, wo Leute in die Shops gegangen sind und das, was sie nur auf Bildern gesehen hatten, sich genommen haben; die von der Werbung nur gesagt bekamen: ''Eure Armut kotzt uns an''. Der Gegenzug kommt danach: ''Plündert Petersburger Hängung''... Hab ich das im Text gelesen....? Aber die Riots in L.A.... Also für mich klang der Text eher nach Imperialismus-Kritik.
Schöne Passage für die Terz jetzt.
REDEN WA' DOCH MAL ÜBER DIE MUSIK...
Die Musik? Sehr amerikanisch... ... THIN WHITE ROPE... ...und sehr gut spielen können... Und Britpop? BILLY BRAGG? PAUL WELLER? Wie ist das so bei ''Eher Uncool'' mit SPIN DOCTORS?
EHER COOL
Jörg Heiser: Da hab ich eher an URGE OVERKILL Overkill gedacht. - SPIN DOCTORS??? Nicht musikalisch, sondern eher von der Stilpolitik her. '86, '87? '86, '87 nur, weil da ja auch diese Yuppies die Scheißcoolness adaptiert haben, dieses kackige Neoliberale Denken... Wie ist das bei Deinen Texten. Du arbeitest ja auch auf verschiedenen Sprachebenen, also mit Zitaten, Sprichwörtern, Wortverdrehungen, universitärem Jargon und dann so was wie ''Du Jungorchidee von der Großgrundplantage/ wer hat Dich gepflückt''? Und wie kriegst Du das zusammen, 'ne Anspielung auf Texte zur Kunst und dann...
NOCH 'NE SCHÖNE PASSAGE FüR DIE TERZ. Ich war ja enttäuscht, daß in ''Kanalarbeiter vor'' wahrscheinlich ein ''Arbeiter in den Kanälen'' gemeint ist und kein real Kanalarbeiter. Wir wollten Dich hart angehen, wegen Arbeiterklassen-Verrat... ...genau, die Arbeiterklasse an die ''Jungorchidee im Hörsaal'' verraten! Nein. Da war aber schon die Frage nach der Perspektive. Diese Schwierigkeit von universitärem Arbeiten oder des Intellektuellen und seine Erfahrung mit dem Kanal und den Kanalarbeitern. Der Kanalarbeiter im real shit ist dann doch wieder Metapher: das ist doch wieder ein intelektueller Kunstgriff... Aber diese Gedanken machen sich ja auch Leute... ... der hätte sich doch nie hingestellt... In ''Ascher D'' stehst Du im Kanal... (erschienen 12-1994, TERZ Düsseldorf) ... top. "Wir denken in Platte."
Ted: Das sind Nebenprojekte. Wenn wir uns auflösen, lösen wir uns richtig auf - ohne Revival. Aber eigentlich wollen wir uns nie auflösen.
Schorsch: Das sind Ventile für das, was bei den ZITRONEN nicht reinpasst. Aber es ist auffällig, wenn man wenig Konzerte spielt, dass man da ziemlich schnell in Vergessenheit geraten kann. Wir haben auch nie gesagt, jetzt machen wir mal Pause und jeder darf sich seinem Krempel widmen, das lief nebenher. Was live spielen angegeht, da hatten wir wirklich keinen Bock mehr.
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