Romantic Comedy reviews
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Release date: 21.11.2011 Company: m=minimal A diverting, beautifully produced EP of arty electronic pop and minimal synth from Germany's Andreas Reihse, on a busman's holiday from his celebrated Kreidler project. On Johnny Hairo and Bahia Knife Reihse takes cyclical kosmische motifs and rides them to into playful, unpredictable territory - making for a seductive club music somewhere between krautrock, Balearic-edged techno and seedy late 70s cabaret. Der Lange Weg nach Dusseldorf is an homage to the town where Reihse shared a rehearsal room with Pole in the late '80s, and where Reihse's hero Klaus Dinger lived and had his studio. Hacienda Dallesandro is an afro-accented disco-funk potboiler, a suitably fiery finale to this strange, curiously addictive record. NN, Boomkat Dec. 2011 Ob nun Detroit oder Chicago, alles basiert seit je her auf der Suche nach dem perfektem Loop. Ein Loop, der selbst zweistellige Spielzeiten einfach nicht ausreichen lässt. Dass die Wiederholung eben nicht wiederholend, sondern stetig fortschreitend rezipiert wird, macht ihn zur Königsdisziplin in der elektronischen Musik. Von dem Kreidler-Mitglied Andreas Reihse geht man natürlich davon aus, dass er diese Disziplin beherrscht. Die Perfektion von "Romantic Comedy" überwältigt einen dann aber doch. Und das Gefühl wurde noch nie besser ausformuliert als im Intro des Albums: "You say, this thing is going to end. Because there always has to be an end. I think, you're wrong. This thing invents itself and goes on and on and on... when you're already gone." Genauso fühlt er sich an, der perfekte Loop. Reihse hat gleich vier davon. Bei nur vier Stücken - Intro und Interlude abgezogen - eine enorme Quote. Ob er sich dabei 303 und Trash-Orgel ("Bahia Knife") oder afrikanischer Bongo-Rhythmen ("Hacienda Dallesandro") bedient, es macht immer Sinn und ist nie aufdringlich. Eher schon ein wenig psychedelisch, dank der zur fortschreitenden Wiederholung führenden, automatisierten Synthie-Sounds, Field-Recordings und Stimm-Samples. Und nicht von der schmalen Tracklist irritieren lassen. Romantic Comedy hat trotz oder auch gerade deswegen, mehr zu sagen, als es vermuten lässt. SasCha Kösch, De:Bug Jan. 2012 Die romantische Komödie der Clubkultur, Andreas Reihse, Bandmitglied von Kreidler und Produzent hinter Projekten wie April und Binford, weiß sie zu zeichnen. Alles andere würde auch mächtig irritieren bei einem so alten Häschen der elektronischen Musik im Spannungsfeld aus Kunstakademie und Kellerclub. Die unaufdringliche Souveränität, mit der Reihse durch die fünf extended Stücke tänzelt, fängt schon beim Opener »L.A.« an, bei dem der Sprecher PIB (schön klassisch in der Tradition von Chicago House mit dieser gewissen Tiefe in der Stimme) uns belehrt, dass keineswegs alles ein Ende haben muss - denn die Musik wird ewig weitergehen. Wenn sie so frei klingt wie auf »Romantic Comedy«, gerne. Nach dem Intro lässt Reihse bei »Johnny Hairo« die Beats springen, rasselt dabei von der Seite aber so heftig, dass man sich mal eben an der Copacabana wähnt, und lenkt galant alle Wirkung in die Hüfte. Das Schlussstück des Albums, »Hacienda Dallesandro«, greift erneut die südamerikanischen Einflüsse auf und bettet sie abermals nahtlos in die große Tradition afroamerikanischer Dancemusic ein. Thomas Venker, Intro #198, Dec 2011 / Jan 2012 * * * * * Albert Koch, Musikexpress. Dec 2011
Andreas Reihse: Romantic Comedy Das Phänomen des Loops ist ja schon zu allerlei akademischen und essayistischen Ehren gelangt. Natürlich: so wie sich einst die Struktur des fünfaktigen Dramas als Modell zur Welterklärung und Menschendarstellung anbot, bietet sich angesichts der anhaltenden Dialektik von Moderne und Postmoderne, Aufklärung und Romantik ordentlich Zeit für die Beschäftigung mit dem, was der menschlichen Zeitwahrnehmung eingeschrieben ist wie nur etwas: dem Loop eben. Nicht nur die Uhr läuft rund, auch die Jahres- und Tageszeiten schließen sich zuweilen zu Kreisen. So wie das Leben zwischen Geburt und Tod. Nachts gehen wir im Kreise und Ob bei Guy Debord oder Georg Büchner: Das Gefangensein im Loop ist gleichermaßen Flucht und Ankunft, endloses Getriebensein und vollkommenes Bei-sich-Sein. Weil er quer zu jeder rationalen, zielgerichteten Erzählung oder Strategie steht, drängt sich der Loop, diese Grundfigur der elektronischen Musik, zur Etablierung einer "Gegenwelt" immer noch (oder gerade jetzt) auf. Diedrich Diederichsen hat dazu in seinem Essay-Band Eigenblutdoping. Künstlerromantik und Selbstverwertung sehr viel Lesenswertes geschrieben. Jenseits der akademischen Ehren und der intellektuellen Bedeutungsproduktion ist der Loop zwar unentwegt in Benutzung und hat das klassische Strophe Refrain-Schema des eingängigen Pop-Songs ordentlich in seine Schranken gewiesen - die Minimalfigur des Pop glänzt in der Musikproduktion der Gegenwart dennoch mit Unsichtbarkeit und gibt den Ungreifbaren. Mit gleich zwei Platten kann man das "Wesen" des Loop nun am eigenen Leib (oder Geist) - ganz losgelöst von allem intellektuellen Bemühungen - erfahren. Zwei Mitglieder der Band KREIDLER legen kurz hintereinander Solo-Alben vor, die im Grunde aus nicht viel mehr als aus ein paar Loops bestehen. Das stimmt natürlich nur halb, aber dennoch: Beide Alben sind so minimalistisch, dass nichts den Fokus auf die ewig gleichen Rhythmus-Patterns verstellt. Das Ergebnis ist in beiden Fällen: Grandios. Mit so wenig Bewegung als nötig wird hier so viel als möglich aus dem Augenblick herausgeholt. In der ewigen Verlängerung, die der Moment in den Endlos-Schleifen bei Tolouse Low Trax und Andreas Reihse erfährt, richtet sich die Aufmerksamkeit ganz auf einen selbst - oder das, was da hinter einem, durch einen hindurch noch so aufscheint. Der kurze Weg in die Welt Reihse entpuppt sich auf seinem, mit nur 5 Songs auf immerhin 40 Minuten Spieldauer kommenden Album als Meister der Dramaturgie: Wie man mit endloser Repetition und minimaler Variation so weit gelangen kann, lässt einen staunend und widerstandslos vor den Lautsprechern zurück. Mit Johnny Hairo startet Reihse inmitten eines, sagen wir, leicht aus dem Häuschen gebrachten Clubs, um dann mit einer Minimal-Krautrock-Variante eines 70er-Jahre-TV-Soundtracks auf globale Befreiungstour zu gehen - und siehe: vom Langen Weg nach Düsseldorf ist es nicht mehr weit bis zur Hacienda Dallesandro. Nur ein paar Umdrehungen weiter, und der rappelvolle Klub irgendeiner x-beliebigen deutschen Metropole feiert voller Anmut und Präzision irgendwo unter freiem Südsee-Himmel weiter. Mit an Bord: die Power einer generalüberholten Neuauflage von Kraftwerk, verstärkt durch eine unübersichtliche Anzahl von Live-Percussionisten. So überzeugend kann der Kurzschluss von Pop- und Weltmusik klingen, so einfach und schön kann es sein, zu den eigenen (fremden) Wurzeln zu gelangen. Ab in die Tiefe Detlef Weinrich aka Toulouse Low Trax treibt die Monotonie gleich noch ein Stück weiter und auf die Spitze, hinter der dann nur noch das Nichts kommen kann. Soweit wenig Neues auf Jeidem Fall. Wie gehabt pumpen und dröhnen die Maschinen-Sounds, wie gehabt stampft der sich selbst gleich bleibende Rhythmus durch die Nacht. Alles wie immer? Keinesfalls: Weinrich, der mit wenig mehr als ein paar Synthesizern einen abstrakten, ort- und zeitlosen Kosmos erschafft, legt den Fokus auf die kleinen Variationen. Und so entsteht in fast stoischem Gleichmaß eine magische, hypnotische Platte, die einen nicht nur in den Bann, sondern - auf ganz andere Weise als Romantic Comedy - in die eigene, beseelte Tiefe zieht. Da unten, wo die Welt zum Stillstand und die eigenen Grenzen ins Fließen kommen, wo die Stimmen nur geisterhafte Echos ihrer selbst sind, wird es so richtig spannend. Wie schon mit ihrer Hausband Kreidler zeigen Weinrich und Reihse auf beeindruckende Weise, welche Kraft und Schönheit in der Reduktion stecken. Und welche Möglichkeiten. Vorsicht: Loops in dieser Konsequenz und Perfektion bergen die Gefahr, ähnlich wie manche Drogen an der Wahrnehmungsschraube zu drehen! Mario Keipert , MAM, 27. FEBRUAR 2012 ELECTRONIC MINIMALISTISCH NN, Bleep Martin Elbert, Kessel TV, Techno 5 NN, Flight13 Jan. 2012 Known as a member of post-krautrock outfit Kreidler Andreas Reihse delivers this rare outing as a solo artist on Berlin's adventurous m=minimal imprint. Long and hypnotic, percussion-driven tracks imbue the spirit of early Kraftwerk with a club-compatible vibe. Excellent album. * * * * * The Editor, Zero-inch Dec. 2011 Andreas Reihse es bien reconocido desde 1994 como músico y líder de Kreidler. Desde entonces, de vez en cuando pública algo de música para los clubs bajo alguno de sus múltiples alias como April o junto a Detlef Weinrich como Binford. Ahora vuelve con Romantic Comedy para m=minimal records, música para clubs oscuros, donde no hay ni mucha luz ni mucho oxígeno. El disco se divide en seis actos entre Los Ćngeles y Dusseldorf, con paradas en Derendof, el barrio donde Reihse compartió un local de ensayo con Stefan Betke aka Pole, Langeweg, Manchester, Milano, Bruselas, Londres... Lugares que se reinventan constantemente. El disco estará a la venta a partir del día 21 de noviembre. NN, Clubbing Spain 18.11.2011 * * * * Dennis Behle, Westzeit 12.2011 m=minimal heißt das von Jens Strüver und dem Produzenten Christian Borngräber 2011 gegründete Berliner Label, das seit einigen Monaten mit einem steten Fluss von Veröffentlichungen den Minimalbegriff erweitert. Minimal ist hier ein unendliches Projekt der konsequenten Reduktion von Redundanz innerhalb patternorientierter Strukturen, dessen Wurzeln bis ins 19. Jahrhundert reichen, so die Labelmacher. Zum Backkatalog gehört das Kraut-Dub-Projekt Kreuzberg genauso wie Conrad Schnitzler, dessen Klassiker Ballet Statique aus dem Jahr 1978 m=minimal neben einem eigenen flirrenden Schnitzler-Remix noch kurz vor dessen Tod veröffentlichte. Mit Andreas Reihses Romantic Comedy reicht das Label nun treibende, perkussive Tanzmusik nach. Es ist der schmerzlos-süße Sound von Ketamin-Orgien auf Brandenburger Schlössern. Andreas Reihse ist seit 1994 bekannt als Herr der Electronics bei Kreidler: Intelligent Dance Music, auf Augenhöhe mit Pole oder Autechre. Auch bei Kunstevents und als Filmmusiker macht er sich immer wieder mit seinen elektronischen Klanginstallationen alle Ehre, etwa bei der Gursky-Doku Long Shot Close Up. Er veröffentlichte unter Pseudonymen wie Binford oder April immer wieder Clubmusik. Romantic Comedy ist nun die erste Soloveröffentlichung unter eigenem Namen und zielt auf den abgedunkelten Dancefloor. Das programmatische Intro verkündet das Minimal-Evangelium: »This thing does not end. It goes on and on and on, when you are already gone.« Mit bassendem Herzklopfen pumpt der Beat, Latin-Percussions, ein Drei-Noten-Bass. Im Gefühl funky, im Pattern Ragga-artig, im Klang: dreckig. Eine Stimme wispert »Johnny. Johnny Hairo«, offenbar der zwielichtige Typ neben dem DJ-Pult, der Reihse bei einem seiner unzähligen Auftritte einen Drink zu reichen pflegt. Dann Vogelgezwitscher, wie durch den Granulator gejagt, eine Hammond-Sequenz und ein pumpender Bass-Arpeggiator: Bahia Knife beginnt aus der Hüfte. Gespenstische Schreie geistern durchs Panorama. Der lange Weg nach Düsseldorf hingegen lässt Flöten der Anden und eine süßliche Gitarre über krautigen Beats erklingen. Das hört sich sehr drifty an, schraubt aber den Druck fürs Finale runter. Das abschließende Hacienda Dallesandro liefert mit seinem leicht angeknarzten Synthbass und housigen Klavierakkorden einen satten, fast ekstatischen 4-to-the-floor-Groove: elf Minuten Hochenergie. Die Begegnung von Andreas Reihse und m=minimal ist ein Glücksfall.
Robert Defcon, Spex Jan./Feb. 2012 (..) Reihse setzt mit R o m a n t i c C o m e d y seine Referenzmarken vor allem in den Bereichen House und Dub, bläst hier in die Bobby-Konders-Flöte, klimpert dort auf New-York-Pianos herum und sorgt die meiste Zeit für dezenten percussionwirbeel. Zu einem dichten Paket voller Instrumentalhypnose geschnürt wird alles von weichen, runden Bässen (..)
A R, Groove Jan./Feb. 2012 Kreidler-Mitglied Andreas Reihse hat tief in die Riesenkiste Popgeschichte gegriffen und ein paar handverlesene Loops ans Licht des Tages gebracht."Romantic Comedy" ist eine kluge und unspektakulär daherkommende Sammlung von Referenzen. Reihse dreht seinen Zoom zurück auf Weitwinkel und hat die ganze Welt im Blick von L.A. bis Düsseldorf. Von großen Einflüssen vergangener Stile bis hin zur eigenen Biografie. Hauptsächlich in vier Tracks von 7 bis 11 Minuten verknüpft er seine Loops in feinsinnigen perkussiven Arrangements, und kommt so zu allgemein gültigen Aussagen über Stilgeschichte ohne je zu konkret zu werden, was gar nicht so einfach ist. "Romantic Comedy" wird damit fast zu so etwas wie einem kleinen Auszug aus einem bisher ungeschriebenen Lehrplan über Popgeschichte. Das Album streift dabei äußerst unangestrengt Fächer wie Geschichte der Elektronik im Pop, Exotica und Dance, allerdings eher Sekundarstufe II als Primarstufe. Es ist ein Album, das - vielleicht nur auf den ersten Blick - nicht sehr viel sagt, aber das sehr genau. Axel Ganz, jahrgangsgeraeusche 28 FEBRUAR 2012 |